Alkohol im Betrieb

Alkohol im Betrieb

 

1. Nachweis des Alkoholmissbrauches

 

Der Betriebsinhaber muss den Nachweis erbringen, dass ein Mitarbeiter alkoholisiert ist.

 

1. Schritt


Zuerst muss daher festgestellt werden, dass eine Alkoholisierung vorliegt. In der Regel wird ein Betrieb nicht über ein Alkoholtestgerät verfügen, unabhängig davon darf der Mitarbeiter auch nicht gezwungen werden „ins Röhrchen zu pusten“. In der Regel werden also nur äußere Umstände übrig bleiben, die den Verdacht des Alkoholmissbrauches rechtfertigen. Dies sind z. B. eine Alkoholfahne, rote Augen, erweitere Pupillen, Stimmungs- und Verhaltensauffälligkeiten, eine schleppende oder lallende Sprache, leichte Reizbarkeit, ein häufiger Kontrollverlust sowie verbale Entgleisungen und Störungen der Feinmotorik.

 

2.  Schritt


Sehr wichtig ist die Dokumentation der alkoholbedingten Auffälligkeiten. Um einen Alkoholmissbrauch nachzuweisen, muss der Arbeitgeber den Nachweis des Alkoholkonsums seines Arbeitsnehmers führen. Der Arbeitgeber trägt die Beweislast bei einer Abmahnung oder Kündigung, das ein Alkoholmissbrauch vorliegt. Zur Dokumentation ist es aus diesem Grunde wichtig, dass neben schriftlichen Aufzeichnungen auch weitere Mitarbeiter, die das Vertrauen genießen, als Zeugen hinzugezogen werden und die Dokumentation bestätigen können.

 

Zu Dokumentationszwecken kann auch die Untersuchung durch den arbeitsmedizinischen Dienst veranlasst werden. Dieser darf zwar keine Auskunft über Erkrankungen geben, jedoch feststellen, ob ein Mitarbeiter für den Tätigkeitsbereich einsetzbar ist, z. B. Arbeiten auf einem Gerüst.

 

 

2. arbeitsvertragliche Regelungen

 

Schon in dem Arbeitsvertrag sollte die individualrechtliche Regelung aufgenommen werden, dass es im Betrieb ein Alkoholverbot gilt. Eine Regelung wie z. B.

 

Formulierungsbeispiel:

 

„Alkoholkonsum während der Arbeitszeit ist grundsätzlich verboten. Während der Arbeitszeit darf der Arbeitnehmer nicht unter Alkoholeinfluss stehen. Ausnahmen bedürfen der Freigabe durch die Geschäftsleitung und können für betrieblich organisierte Veranstaltungen organisiert werden.“

 

 

3. bei der Einstellung Offenbarungspflicht des Arbeitnehmers

 

Insbesondere als Mitarbeiter in einem Baubetrieb besteht bei einer Alkoholisierung eine erhebliche Gefährdung. Aus diesem Grunde hat der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht. Diese Fürsorgepflicht beginnt schon bei der Einstellung. Der Bewerber um einen Arbeitsplatz hat aus diesem Grunde schon selbstständig eine Auskunfts- und Offenbarungspflicht, wenn z. B. alkoholbedingte Umstände es ihm unmöglich machen, seine Arbeitsvertragsverpflichtung zu erfüllen. (BAG Urteil vom 21.02.1991 – 2 AZR 449/90) Der Arbeitnehmer wird jedoch in den seltensten Fällen diese Alkoholabhängigkeit offenlegen. Für den Arbeitgeber kann es deswegen schwierig sein, das Arbeitsverhältnis wegen arglistiger Täuschung zu einem späteren Zeitpunkt anzufechten.

 

4. Maßnahmen im Umgang mit Alkoholmissbrauch

 

Die erste Maßnahme wird immer ein Gespräch mit dem Mitarbeiter sein. Dies sollte unter vier Augen geführt werden und dem Mitarbeiter sein Fehlverhalten aufzeigen. Dabei sollte der Mitarbeiter auf folgende Umstände hingewiesen werden:

 

 

 

Checkliste: Hinweis

 

 

          dass der Mitarbeiter die Verantwortung für seine eigene aber auch für die Arbeitssicherheit der Kollegen mit trägt,

 

          dass der Mitarbeiter durch die Alkoholisierung die Zusammenarbeit mit den Arbeitskollegen erschwert und die Arbeitsleistung dadurch verringert wird,

 

          dass Fehlzeiten, Schlechtleistungen sowie Arbeitsausfälle vorliegen. Dazu muss dieses Gespräch vorbereitet werden und es sollten konkrete Daten und Umstände genannt werden.

 

          dass der Mitarbeiter sein Verhalten ändern muss.

 

          welche möglichen Konsequenzen entstehen, wenn das Alkoholproblem nicht gelöst wird,

 

          dass konkrete Hilfsangebote gemacht werden. Dazu können z. B. Telefonnummern von Suchtberatungsstellen übergeben werden.

 

 

Praxistipp:

 

 

Das Gespräch sollte dokumentiert werden.

 

 

Sollte es sich bei dem Alkoholmissbrauch um einen einmaligen Fall handeln, so wär die Sache nach einem solchen Gespräch erledigt, wenn keine neuen Auffälligkeiten auftreten. Sollte der Mitarbeiter jedoch alkoholbedingt krank sein, so muss ihm aufgezeigt werden, dass die Lösung des Alkoholproblems eine Entziehungskur ist.

 

Derartige sogenannte „Interventions-gespräche“ müssen nicht unendlich geführt werden. In der Praxis wird davon ausgegangen, dass zwei - drei solcher Gespräche ausreichen, um dem Arbeitnehmer seine Lage zu verdeutlichen. Sollte keine Lösung erfolgen, so bedarf es eines weiteren Vorgehens mit Sanktionen.

 

5. Beendigung des Arbeitsverhältnisses

 

Sollten die Versuche den Alkoholkonsum des Mitarbeiters zu beenden nicht erfolgreich sein, so bleibt letztendlich oft nur die Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Diese muss jedoch vorbereitet werden.

 

gelegentlicher Alkoholmissbrauch

 

In Fällen, in denen nur ein gelegentlicher Alkoholmissbrauch und eine arbeitsvertragliche Regelung vorliegt, dass eine Alkoholisierung während der Arbeitszeit nicht erlaubt ist, kann eine Kündigung nach Abmahnungen auf Basis von personenbedingen Gründen wegen Verstoßes gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten erfolgen.

 

krankheitsbedingter Alkoholkonsum

 

Bei einem krankheitsbedingten Alkoholkonsum muss eine Kündigung neben der Abmahnung auch eine Prognose und eine wirtschaftliche Betrachtung enthalten

 

a) Abmahnung

 

Bevor eine krankheitsbedingte Kündigung wegen Alkoholmissbrauch ausgesprochen werden kann, müssen Abmahnungen wegen konkreten Fehlverhaltens ausgesprochen werden. Diese müssen schriftlich verfasst werden. In der Abmahnung ist immer darauf hinzuweisen, dass für den Fall, dass keine Änderung des Verhaltens eintritt, auch eine Kündigung ausgesprochen werden könnte.

 

In einer Abmahnung muss das Fehlverhalten genau beschrieben werden.

 

 

 

Beispiel:

 

Sehr geehrte/r Frau/Herr XX,

 

Sie sind am 05.01.2012 zu spät zur Arbeit gekommen. Ihre Arbeitszeit beginnt um 7:30 Uhr, Sie sind erst um 9:00 Uhr auf der Baustelle erschienen. Mehrere Kollegen haben dabei einen deutlichen Alkoholgeruch festgestellt. Sie hatten eine undeutliche Aussprache und haben Ihre Arbeitsleistung nicht erbringen können.

 

Sie haben damit gegen Ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verstoßen.

 

Aufgrund der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen sind Sie gehalten, Ihre Tätigkeit pünktlich um 7:30 Uhr zu beginnen. Auf der Baustelle müssen Sie auf Gerüsten arbeiten. Aus diesem Grunde besteht für Sie, aber auch für Ihre Arbeitskollegen, eine erhebliche Gefährdung, wenn Sie im alkoholisierten Zustand Arbeiten ausführen.

 

Wir fordern Sie hiermit auf, die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag zukünftig zu erfüllen. Insbesondere verlangen wir, dass Sie pünktlich zur Arbeit erscheinen und dass Sie während der Arbeitszeit nicht alkoholisiert sind.

 

Wir weisen Sie darauf hin, dass weitere Verletzungen der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen auch zu einer Kündigung führen können.

 

 

 

 

b) Kündigung

 

Wenn der Mitarbeiter auf keine Maßnahmen reagiert und auch z. B. therapieunwillig oder therapieresistent ist, so bleibt als letzter Ausweg lediglich die Kündigung.

 

Für diese Kündigung findet eine dreistufige Prüfung statt:

 

1. Stufe

 

Es muss eine negative Gesundheitsprognose anhand der objektiven Verhältnisse zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung vorliegen. D. h. hier wird geprüft, ob auch in Zukunft eine Alkoholkrankheit vorliegt. Sollte die Therapie erfolglos gewesen sein oder der Mitarbeiter nicht therapiebereit sein, so wird davon ausgegangen, dass die Krankheit in absehbarer Zeit nicht geheilt wird.

 

2. Stufe

 

Es muss eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen vorliegen. Dazu müssen Gründe in der Person des Arbeitnehmers vorliegen, die konkrete Auswirkungen auf den Betrieb haben. Hier können konkrete erhebliche Störungen eingetreten sein, die auch in Zukunft noch zu erwarten sind.

 

3. Stufe

 

Es muss eine Interessenabwägung stattfinden. Hier ist zu prüfen, ob der Arbeitgeber die Störung im Arbeitsverhältnis billigerweise hinnehmen muss oder ob die Kündigung aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers angemessen erscheint.

 

Beweislast:

 

Der Arbeitgeber hat die Beweislast, dass erhebliche betriebliche Beeinträchtigungen vorliegen.

 

6. unkündbare Arbeitnehmer

 

Auch faktisch unkündbare Arbeitnehmer genießen keinen Schutz bei arbeitsvertraglichem Fehlverhalten. Selbst wenn ein Mitarbeiter tariflich „unkündbar“ ist, besteht die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung.Der Alkoholmissbrauch eines Arbeitnehmers kann einen wichtigen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses darstellen. (LRG Hamm 18.02.2005 -10 SA1524/04).

 

 

7. Haftung des Arbeitgebers:

 

Der Arbeitgeber hat Fürsorgepflichten gegenüber seinen Arbeitnehmern. Soweit Fürsorgepflichten verletzt werden, kann sich der Arbeitgeber auch haftbar machen. Der Arbeitgeber ist für die Arbeitssicherheit der Arbeitnehmer verantwortlich. Ereignet sich z. B. ein Betriebsunfall, weil ein Beschäftigter alkoholisiert ist, muss der Arbeitgeber damit rechnen, wegen Verletzung der Aufsichtspflicht belangt zu werden. Dies kann z. B. ein Strafverfahren wegen fahrlässiger

 

Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung beinhalten. Darüber hinaus können Ersatzansprüche gegen den Arbeitgeber entstehen, wegen Sach- bzw. Personenschäden.

 


8. Zusammenfassung

 

Zusammenfassend für den Arbeitgeber ist wichtig, dass eine weitgehende Fürsorgepflicht besteht, die ihn zum Handeln zwingt. Bei Alkoholmissbrauch im Betrieb muss sich der Arbeitgeber der Situation stellen und eine Lösung suchen. Diese Lösung liegt zum einen in der Interventionsverpflichtung, so dass der Arbeitsgeber Hilfestellungen bei krankhaftem Alkoholkonsum anbieten muss, ansonsten darin, dass das Verhalten des Arbeitnehmers mit Abmahnungen bzw. auch mit der Kündigung sanktioniert wird.

 

Dies alles dient letztendlich der Betriebssicherheit der anderen Mitarbeiter, aber auch desjenigen, der Alkoholverstöße begeht.


 

Andreas Becker

Rechtsanwalt

 

 



Alkohol im Betrieb
Welche Möglichkeiten hat ein Betrieb im Umgang mit Mitarbeitern bei Alkoholgenuss. Checklisten und Praxistipp
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